Wenn wir die Depression mit Yogatherapie behandeln möchten, ist es hilfreich, dass wir uns auch die psychologischen Entstehungsmodelle anschauen, mit ihren gewöhnlichen Techniken, außerhalb des Yoga.

Depression und Lebensfreude

Häufige biografische Erfahrungen

Zu den häufigen biografischen Erfahrungen von Menschen, die im Laufe ihres Lebens depressive Erkankungen entwickeln, zählen u.a. der frühe (unverarbeitete) Verlust von wichtigen Bezugspersonen, wie auch die depressive Haltung eines Elternteils oder Erfahrungen von sexuellem Missbrauch, Misshandlung und/oder Vernachlässigung in der Kindheit. Manche Menschen erleben in ihrer Kindheit auch Zurückweisung durch Geschwister oder Gleichaltrige, ungünstige Schul- und Lernerfahrungen (viel Kritik, beschämende Situationen, Leistungsängste) oder wachsen mit Deprivation bzw. Einschränkungen durch das (sozial-) politische System auf.

Behandlungsansatz
Bei den tiefenpsychologischen / psychoanalytischen Ansätzen steht das Verständnis der eigenen Biografie im Vordergrund. Generell ist das Selbststudium auch im Yoga eine wichtige Technik. Wenn Du Dir Deiner Biographie besser bewusst bist, kannst Du Dich sich selbst und Dein Verhalten besser verstehen und beides auch verändern.

Verstärker – Verlust – Theorie

Die Verstärker – Verlust – Theorie geht davon aus, dass Depression durch den Verlust von sozialen Verstärkern verursacht bzw. aufrechterhalten wird. Dieser Theorie liegt das aus der Verhaltenstherapie stammende behavioristische Modell von Lewinsohn (1974) zugrunde. Dabei befindet sich der Patient in einer Depressionsspirale (Abwärtsspirale), die mit positiven Aktivitäten unterbrochen werden kann.

Behandlungsansatz
Der Betroffene kann etwas für bzw. gegen seine Depression machen. Über das achtsame Tun von als angenehm empfundenen Aktivitäten kann auch die Stimmung positiv beeinflusst werden (z.B. sich mit einer Bodylotion eincremen, einen kleinen Spaziergang machen, eine Aromalampe anzünden).

Theorie der erlernten Hilflosigkeit

Seligman und Maier (1967) beschrieben die Depression als einen Zustand der erlernten Hilflosigkeit, die von Situationen von Hilflosigkeit und Kontrollverlust veruracht wurde. Dabei ergänzten Abramson, Seligman und Teasdale (1978), dass das nur bei entsprechenden internale, global und stabiler Attribution (depressiver Denkstil) der Fall ist.
Tatsächlich zeigen neuere Befunde (Krause, 1997), dass sich Depressive häufig realistischer einschätzen als Nicht-Depressive . In der revidierten Form der Theorie wird Hilflosigkeit nicht mehr erlernt, sondern gehört vielmehr zum angeborenen Verhaltensrepertoire bei ausweglosen Situationen (Schutzreflex von Säugetieren).

Behandlungsansatz
Das Ziel ist es, die gefühlte und tatsächliche Kontrolle über das  eigene Leben zurück zu bekommen. Im ersten Schritt kann man sich kleine Aufgaben suchen, die gut bewältigbar sind. Mit kleinen erreichbaren Zielen erstellen sich wieder Erfolgserlebnisse ein. Damit steigt das Gefühl der wahrgenommenen Kontrolle.

„Depressive“ Denkfehler (nach Beck)

Beck beschreibt mit seinen „depressiven“ Denkfehlern die unterschiedlichen Positionen und Denkmuster, die ein Betroffener einnimmt, dabei unterscheidet er vier Kategorien:

  • Willkürliche Schlüsse: „Ich tauge wirklich zu nichts. An dem Tag, an dem ich ein Sommerfest organisiert habe, regnet es.“
  • Selektive Abstraktion: „Ich bin keine gute Yogalehrerin. Heute hat ein Übender Savasana vorzeitig beendet.“
  • Übergeneralisierung: „Ich bin keine gute Mutter. Heute wurde ich ungeduldig, als mein Sohn seine Schuhe nicht anziehen wollte.“
  • Über- und Untertreibung: „Unser Auto habe ich komplett zu Schrott gefahren.“ – bei einem kleinen Kratzer am Seitenspiegel.

Behandlungsansatz
Im Behandlungsansatz bedeutet dies, dass man lernen kann auf seine Gedanken zu achten. Hier kann man u.a. mit positiven Affirmationen arbeiten, die man sich immer wieder ins Gedächtnis ruft oder an einer im Alltag gut sichtbaren Stelle notiert hat. Gemäß der kognitiven Theorie der Depression sind Denken, Fühlen und Verhalten eng miteinander verknüpft. Wenn wir kognitive Denkmuster in Richtung einer optimistischeren Einstellung verändern, wirkt sich das auch positiv auf unser Verhalten und Gefühle aus.

Schematherapie

Ein Schema beschreibt zunächst unsere unterschiedliche Wahrnehmung in der gleichen Situation. Es ist die jeweilige Brille oder der Filter, mit der wir durch unsere Umgebung laufen.  Als Begründer der Schematherapie gilt Jeffrey Young, ein Schüler von Aaron Beck. Er erweiterte die Methoden der kognitiven Therapie um Elemente psychodynamischer Konzepte und anderer psychologischer Therapien und Therapieverfahren (Objektbeziehungstheorie, Transaktionsanalyse, Hypnotherapie und Gestalttherapie).  Die maladaptives Schemata wurden als Anpassungsstrategie des Individuums entwickelt, um die Befriedigung der Grundbedürfnisses nach Bindung, Kontrolle, Selbstwert sowie Lust-/Unlustvermeidung auch unter ungünstigen Entwicklungsbedingungen zu erreichen.

Bei dem depressiven Erleben stehen die folgenden Schemata im Vordergrund: Isolation, Verlassenheit/Instabilität, Unzulänglichkeit/Scham, Abhängigkeit/Inkompetenz, Selbstaufopferung. Die Kenntnis über die vier Grundbedürfnis helfen bei dem Verständnis und der eigenen Arbeit mit seinen Schemata. Die Schematherapie gilt besonders als wirksames Therapieverfahren zur Behandlung von chronifizierten depressiven Erkrankungen. Dabei ist es eine weitere Besonderheit, dass das körperliche depressive Erleben einbezogen wird.
 

Behandlungsansatz
In der Schematherapie lernt der einzelne seine eigenen Schemata zu erkennen (Selbsterkenntnis) und zu entkoppeln. Durch die Entschlüsselung der typischen Auslösesituation können sie rechtzeitig erkannt werden und bewusst neue Denk- und Verhaltensweisen entwickelt und eingeübt werden.

Neurobiologisches Erklärungsmodell

Aus neurobiologischer Perspektive erklärt sich eine Depression in einem Serotonin- bzw. Noradrenalinmangel. Bei einer Manie hat der Patient einen höheren Spiegel von Noradrenalin. Psychopharmaka blockieren die Wiederaufnahme bzw. den Abbau von Serotonin/Noradrenalin im postsynaptischen Spalt. Tatsächlich ist dieses Modell stark vereinfachend und es werden die vorkommenden  komplexe Wechselwirkungen zwischen Körper und Psyche wenig berücksichtigt.

Behandlungsansatz
Psychopharmaka leiten ihre Wirksamkeit von einem neurobiologischen Erklärungsmodell ab. Im Einzelfall muss entschieden werden, ob sie eine wirkungsvolle Unterstützung zu anderen Therapieformen darstellen.

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    Andrea Ensinger

    at 10.11.2019

    Liebe Melanie, ich habe eine Frage zur Schematherapie nach Roediger. Hier habe ich eine Einteilung in autoplastische Anpassung (der Konflikträger ändert sich) und alloplastische Anpassung (der [...] Liebe Melanie, ich habe eine Frage zur Schematherapie nach Roediger. Hier habe ich eine Einteilung in autoplastische Anpassung (der Konflikträger ändert sich) und alloplastische Anpassung (der Betroffene verändert die Außenwelt). Jetzt bleibt die alleroplastische Anpassung übrig - was ist hier gemeint?
    Liebe Grüße von Andrea

    • Liebe Andrea,
      bei dem Modell der Schematherapie sprechen wir von alloplastischer Anpassung (der Konfliktträger ändert sich selbst) und alteroplastischer Anpassung (der Konfliktträger änder seine [...] Liebe Andrea,
      bei dem Modell der Schematherapie sprechen wir von alloplastischer Anpassung (der Konfliktträger ändert sich selbst) und alteroplastischer Anpassung (der Konfliktträger änder seine Umwelt). Alles andere sind Tippfehler bzw. undeutliche Schrift ;-)
      Alles klar?
      Liebe Grüße
      Melanie