Zwar betont Dattātreya in seinem Yogaśāstra dass es 840.000 verschiedene Körperhaltungen (āsana) gibt. Doch die Lotushaltung (padmāsana) sei die beste. Sie heilt alle Krankheiten. Er beschreibt daher nur sie.

Dattatreyayogashastra
caturDvandva-Kompositum
catusZahlwort
catus vier
aśitiDvandva-Kompositum
aśitiZahlwort
achtzig
lakṣesuLokativ Plural
lakṣaZahlwort
hunterttausend
āsaneṣuLokativ Plural
āsanaSubstantiv Maskulin
Haltungen, Positionen
uttamamAkkusativ Singular
uttamaAdjektiv
beste
śr̥ṇu3. Person Singular Imperativ
śrūVerbalwurzel
höre
ādiKarmadhāraya-Kompositum
ādiAdjektiv
anfänglich, ursprünglich, erster, beginnend mit
nāthenaInstrumentalis Singular
nāthaSubstantiv Maskulin
vom Herrscher
saṁproktamAkkusativ Singular
saṁproktaPartizip Perfekt Passiv
verkündet, gelehrt
saṁproktaPartizip Perfekt Passiv
samPräfixpraPräfixvacVerbalwurzel
verkündet, gelehrt
samPräfixzusammen
praPräfixvor
vacVerbalwurzelsagen, sprechen
padmaTatpuruṣa-Kompositum Genitiv
padmaSubstantiv Maskulin
Lotus
āsanamAkkusativ Singular
āsanaSubstantiv Maskulin
Haltung, Position, Sitz
iha
ihaPartikel
jetzt, nun
ucyate3. Person Singular Passiv
vacVerbalwurzel
wird beschrieben

Unter den 84.000.000 Positionen höre die Beste! Die Lotushaltung (padmāsana), die von Ādinātha gelehrt wurde. Sie wird jetzt beschrieben.

uttānauLokativ Singular
uttānaAdjektiv
ausgestreckt
caraṇauLokativ Singular
caraṇaLokativ Singular
Fuß
kr̥tvāAbsulotiv
kr̥Verbalwurzel
ausgestreckt habend
ūruTatpuruṣa-Kompositum Lokativ
ūruSubstantiv Maskulin
Schenkel
saṁsthauLokativ Singular
saṁsthāVerb
platziert
prayatnataḥInstrumentalis Singular
prayatnaAdjektivtasSuffix
mit sorgfalt, mit Vorsicht
prayatnaAdjektivsorgfältig, vorsichtig
tasSuffixerzeugt Instrumental
ūruTatpuruṣa-Kompositum Lokativ
ūruSubstantiv Maskulin
Schenkel
madhyeLokativ Singular
madhyaSubstantiv Neutrum
Mitte
tathā
tathāAdverb
so, auf diese Weise
uttānauLokativ Singular
uttānaAdjektiv
Fläche der Hände nach oben gestreckt
pāṇīAkkusativ Dual
pāṇiSubstantiv Maskulin
die beiden Hände
kr̥tvāAbsulotiv
kr̥Verbalwurzel
ausgestreckt habend
tataḥAblativ Singular
tadPronomen
von daher, von da aus; an der Stelle, dort
dr̥śauAkkusativ Dual
dr̥śSubstantiv Feminin
die beiden Augen

Nachdem die Füße ausgestreckt und mit Vorsicht auf den Schenkeln platziert worden sind. Werden dort sichtbar beide Hände mit den Handflächen nach oben im Schoß platziert. Die beiden Augen…

nāsāTatpuruṣa-Kompositum Genitiv
nāsāSubstantiv Feminin
Nase
agreLokativ Singular
agraSubstantiv Maskulin
Spitze
vinyaset3. Person Singular Optativ
vinyāsVerb
er möge fokussieren, er möge fixieren
rājaKarmadhāraya-Kompositum
rājaSubstantiv Maskulin
König
dantaTatpuruṣa-Kompositum Genitiv
dantaSubstantiv Maskulin
Zahn
mūlamAkkusativ Singular
mūlaSubstantiv Maskulin
Wurzel
jihvayāInstrumentalis Singular
jihvaSubstantiv Maskulin
mit der Zunge
uttabhya2. Person Singular Imperativ
utthāVerb
hebe an
cibukamAkkusativ Singular
cibukaSubstantiv Maskulin
Kinn
vakṣaḥNominativ Singular
vakṣasSubstantiv Maskulin
Brust
saṁsthāpyaAbsulotiv
saṁsthāVerb
platziert haben
pavanamAkkusativ Singular
pavanaSubstantiv Maskulin
Luft
śanaiḥ
śanaisAdjektiv
langsam

… soll man auf die Nasenspitze fokussieren, mit der Zunge die Wurzel des weichen Gaumens anheben und das Kinn auf der Brust platzieren. Langsam soll die Luft …

yathāśakti
yathāśaktiAdverb
so viel wie möglich, der Kraft entsprechend, entsprechend der äußersten Fähigkeit
yathāśaktiKarmadhāraya-Kompositum
yathāAdverbśaktiSubstantiv Feminin
so viel wie möglich, der Kraft entsprechend, entsprechend der äußersten Fähigkeit
yathāAdverbentsprechend
śaktiSubstantiv FemininKraft
samākr̥ṣyaAbsulotiv
samākr̥ṣVerb
eingezogen habend
pūrayet3. Person Singular Optativ
pr̥̄Verbalwurzel
er möge mit Luft füllen
udaramAkkusativ Singular
udaraSubstantiv Maskulin
den Bauch
śanaiḥ
śanaisAdjektiv
langsam
yathāśakti
yathāśaktiAdverb
so viel wie möglich, der Kraft entsprechend, entsprechend der äußersten Fähigkeit
yathāśaktiKarmadhāraya-Kompositum
yathāAdverbśaktiSubstantiv Feminin
so viel wie möglich, der Kraft entsprechend, entsprechend der äußersten Fähigkeit
yathāAdverbentsprechend
śaktiSubstantiv FemininKraft
eva
evaPartikel
so, auf diese Weise
paścāt
paścātAdverb
danach
tu
tuPartikel
nun
recayet 3. Person Optativ Singular
ricVerbalwurzel
er möge leeren
pavanamAkkusativ Singular
pavanaSubstantiv Maskulin
Luft
śanaiḥ
śanaisAdjektiv
langsam

… so viel wie möglich eingezogen werden, langsam soll man bis in den Bauch einatmen. Nun soll man auf diese Weise danach so viel wie möglich langsam ausatmen.

idamNominativ Singular
idamPronomen Maskulin
dies
padmaTatpuruṣa-Kompositum Genitiv
padmaSubstantiv Maskulin
Lotus
āsanamAkkusativ Singular
āsanaSubstantiv Maskulin
Haltung, Sitz, Sitzposition
proktamAkkusativ Singular
proktaPartizip Perfekt Passiv
gesagt
proktaPartizip Perfekt Passiv
praPräfixvacVerbalwurzel
gesagt
praPräfixvor
vacVerbalwurzelsagen, sprechen
sarvaKarmadhāraya-Kompositum
sarvaAdjektiv
alle
vyādhiTatpuruṣa-Kompositum Genitiv
vyādhiSubstantiv Maskulin
Krankheit
vināśanamAkkusativ Singular
vināśanaSubstantiv Maskulin
das Vernichten, das Zerstören
durKarmadhāraya-Kompositum
durPartikel
schwer
labhamAkkusativ Singular
labhaAdjektiv
zu erlangen
yenaInstrumentalis Singular
yadPronomen
durch welche
kenaInstrumentalis Singular
kiminter
wodurch
api
apiPartikel
auch
dhīmatāInstrumentalis Singular
dhīmatSubstantiv Maskulin
durch den Weisen
labhyate3. Person Singular Passiv Präsens
labhVerbalwurzel
es wird erlangt
bhuviLokativ Singular
bhūSubstantiv Maskulin
in der Welt, auf der Welt

Dies, so wird gesagt, ist die Lotushaltung (padmāsana). Sie vernichtet alle Krankheit (vyādhi). Sie ist für jeden schwer zu erlangen. Sie wird vom Weisen auf der Welt erlangt.

8.400.000 Haltungen

Diese Zahl ist eher symbolisch zu sehen. Die Yogis der damaligen Zeit scheinen also viele verschiedene Körperhaltungen praktiziert zu haben. Wie diese genau aussahen können wir anhand anderer Texte, z.B. der Haṭha-Yoga-Pradīpika von Svātmārāma abschätzen. Hier geht es vorwiegend um sitzende Haltungen die sich auch für Atemübungen und Meditation eignen. Der Lotussitz (padamāsana) kann daher in der Tat als Prototyp aller Haltungen verstanden werden.

Padmāsana die Lotushaltung

Dattātreya beschreibt zunächst die Körperhaltung. Sie deckt sich weitgehend mit dem heute üblichen. Die Füße liegen auf dem Oberschenkel der Gegenseite und die Hände im Schoß. Doch dann gibt er weitere Details, welche die Körperhaltung fast zu einer Atemübung (prāṇāyama), Blickfokussierung (dr̥ṣṭi), Bindung (bandha) oder Siegel (mudrā) werden lassen. Wesentlich ist:

  1. Der Blick fokussiert auf die Nasenspitze (dr̥ṣṭi)
  2. Die Zunge hebt sich an die Wurzel des Gaumens (~i~mudraa~)
  3. Das Kinn wird auf die Brust gepresst (bandha)
  4. Der Yogi atmet langsam ein und aus (prāṇāyāma)

Yoga zur Gesunderhaltung

Charakteristisch für die tantrische Bewegung und den Haṭha-Yoga ist die Zuwendung zum physischen Körper. So finden wir in späteren Texten (z.B. Haṭha-Yoga-Pradīpika) zunehmend auch aus der indischen Gesundheitslehre (āyurveda) übernommene Techniken. Auch hier ist die körperliche Gesundheit bereits Thema der Praxis. Der Lotussitz (padmāsana) heilt so alle Krankheiten.

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  • Meine Frage zu Satz 36: sind die Arme gestreckt und die Hände in Chin Mudra (also Zeigefinger eingerollt unter dem Daumen) oder liegen die Hände tatsächlich im Schoß, also Hände in Dhyana Mudra [...] Meine Frage zu Satz 36: sind die Arme gestreckt und die Hände in Chin Mudra (also Zeigefinger eingerollt unter dem Daumen) oder liegen die Hände tatsächlich im Schoß, also Hände in Dhyana Mudra (Handflächen aufeinander, Daumenspitzen berühren sich)? Läßt sich das aus dem Text erschließen?

    • Hall Andreas,
      aus dem Text ergibt sich das nicht. Ich würde es aber (am Text) jedoch so verstehen, dass die Hände einfach im Schoß liegen.
      - Für uns Ashtanga Yogis ist natürlich alles genau wie im [...] Hall Andreas,
      aus dem Text ergibt sich das nicht. Ich würde es aber (am Text) jedoch so verstehen, dass die Hände einfach im Schoß liegen.
      - Für uns Ashtanga Yogis ist natürlich alles genau wie im Ashtanga Yoga. Sogar "Sapta" mit gestreckten Beinen. :)
      Viel Freude wünsche ich Dir
      Ronald